„Keine Lust heut auf Frühstück daheim, ich zieh mich an, geh aus dem Haus, die alte Weinsteige hinunter, den Schienen der Zahnradbahn entlang, eine Staffel noch, zum Marienplatz...“ so leitet Tommy Mammel seinen Song „Am Marienplatz“ ein. Es steckt viel Lokalkolorit und eine gelassene Betrachtung der eigenen Umgebung in solchen Worten. Denn genau so oder ähnlich hätte es jederzeit in der Realität passieren können, wohnt er doch vom Stuttgarter Marienplatz aus gesehen in Richtung Degerlochs Höhen. „Hier fließt der Neckar in die Seine“ heißen seine „Stuttgartlieder“, die der Pianist, Sänger und Unterhalter jetzt als Album veröffentlicht hat. So etwas könnte man sich leicht als eine Sammlung weinselig behäbiger Heimatlieder vorstellen. Mammel ist zwar keinem Genuss abgeneigt, doch mit dem Genre der allzu gemütlichen Heimatümelei hat er nicht viel zu tun. Seine Songs sind für ihn eine normale Ausdrucksweise und die logische Folge dessen, dass er in dieser Stadt wohnt und somit ständig ein Auge auf sie hat. „Ich fühle mich hier einfach wohl“ sagt der frühere Pianist der Thommie Bayer Band, der zuerst viele Erfolge zusammen mit dieser Formation hatte und dann doch eines Tages beschlossen hat, den eigenen Ton zu suchen. Nachtausgabe hieß ziemlich lange seine Band, mit der er dies versuchte.
Etliche interessante Alben sind bei der Suche herausgekommen, ein Bändchen mit Versen gar nennt Tommy Mammel ebenfalls als Verfasser. Vor Jahren brach er zusammen mit seinem Schlagzeuger Matthias Bergmann zu einer Tournee auf, an deren einzelne Adressen er Noten geschickt hatte. Wer möge, könne das Duo dann begleiten, hieß die ungewöhnliche Direktive. Es ergaben sich viele ungewöhnliche Zusammentreffen und Besetzungen, denn es hat gut geklappt damit.
Aus dem Augenblick heraus haben sich musikalische Partnerschaften gebildet, die eine lange Strecke entlang des Neckars geführt haben. Nur der große Rock'n Roll-Pionier Chuck Berry hat Ähnliches auf dem internationalen Parkett praktiziert.
Doch jetzt hat er mit „Hier fließt der Neckar in die Seine“ ein Album herausgebracht, das seine Liebe zur französischen Metropole mit einem liebevollen Bild ergänzt. Seine und Neckar: die Phantasie bringt die beiden Flüsse in Verbindung. Aber auch die tragende Musik spielt da eine große Rolle. Ausgereift ist sie, Pop für Erwachsene, mit Tricks und Tracks, die mit allen Wassern gewaschen sind und doch stets leicht wirken. So etwas ist eine Form der avancierten Rockmusik, die Kenner und Gelegenheitshörer gleichermaßen ansprechen kann. „Ich lasse mich manchmal als Chansonnier bezeichnen, obwohl ich gar keiner bin. Ich bin ja Popmusiker“, sagt Mammel über Einordnungen, die er so ernst gar nicht nimmt und die gelegentlich auch seiner Zuneigung zu Paris geschuldet sind.
Die Akkordeonspielerin Karin Miller steuert zu seinen Songs ein paar wundervoll augenwzinkernde Spielchen mit den typischen Parisklischees bei. Das in eine andere Richtung zielende Element bringt der selbst bei einfachen Harmonielinien unglaublich groovende Bass von Tom Krüger ein, der als Produzent nicht nur ein „Klangkutscher“ auf internationalem Niveau war, sondern der auch sehr „coole“ und ausgefeilte Gitarrenlinien dem Projekt hinzugefügt hat. Sie passen nahezu optimal zum Schlagzeug von Matthias Bergmann und den Gitarren von Michael Minges. Es ist im Laufe der Jahre viel Popmusik durch ihn hindurch gegangen, begeistert erzählt Mammel von seiner Liebe zur Musik einer Joni Mitchell, eines Billy Joel oder der Band Steely Dan. Doch von außen gesehen könnte er inzwischen genauso auf die eigene Musik stolz sein, in die halt nicht nur das Populäre, sondern halt in stärkerem Maße das eingegangen ist, was er selbst als „gute Musik“ bezeichnen würde und über das man mit ihm herrlich fachsimpeln kann. Ob es sich dabei ausgewirkt hat, dass er materiell nicht von der Musik abhängig ist und sich insofern ganz an das halten kann, was er selbst bevorzugt?
Im Theaterschiff unten am Neckar in Bad Cannstatt treten Mammel und Band öfter auf, im Kabarett der Galgenstricke in Esslingen waren sie auch schon öfter. In Stuttgart selbst haben sie eine Art Fanclub, der Mammels Musik für sich selbst entdeckt hat. Aber im Wesentlichen könnte es so sein, dass in seinem Falle „der Prophet in der eigenen Heimat nichts gilt“. Ein Superstar ist der agile Fünfziger Mammel jedenfalls (noch) nicht. In seinem Repertoire war nie der schnelle Hit oder der eingängig vertonte Slogan. Vielmehr ist da oft die Ironie, das Leichte, aber nie Seichte, das Verständliche und zugleich poetisch Treffende. Auch ist da mehr Tiefe, in der es für den, der sich darauf einlässt, beiläufig etwas zu entdecken gilt. In der angelsächsischen Popmusik mag seine Art der Heimatbetrachtung sehr viel selbstverständlicher sein. Aber im Deutschen mag so etwas aus mannigfachen Gründen noch etwas ungewöhnlich wirken. Nicht nur Mammels reiches Sprachtalent sondern auch eine polyglotte Einstellung spricht da aus einem Lied wie „Paris, je t'aime“, das mit den Zeilen „mais quand je suis chez toi, je dois penser à Stuttgart quand-meme“ eine unerwartete Nähe zwischen Paris und Stuttgart herstellt. „Ich versuche es da mit dem Witz, diese beiden Städte überhaupt vergleichen zu wollen“, sagt Mammel. Aber auch Songs wie „Hotelbar Maritim Stuttgart“ oder „Stuttgart State of Mind“ blenden das Weltläufige auf, das in Stuttgart zu finden ist und vielleicht ein ganz neues Empfinden der scheinbar alltäglichen Umwelt gegenüber einleiten könnte.
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