Neulich, beim Hören von „Rock 'n 'Roll Party“, einer Scheibe von Jeff Beck, habe ich insbesondere beim Titel „Apache“ Folgendes empfunden: Es ist doch unglaublich, wie sehr Musik, Popmusik, Zeitstimmung transportieren und genau darin, vielleicht sogar nur darin, etwas Zeitloses annehmen kann! In dieser Melodie, in diesem kurzen Gebilde populärer Musik sind die sechziger Jahre!. Petticoats, Hoola-Hoop, Marylin, ..all diese Klischees sind da wie in einem kurzen Abziehbildlein konzentriert. Vielleicht ist sogar etwas davon in einem solchen Song aufgehoben, wie die Leute damals gefühlt haben, welche Welt sich ihnen zu diesem Zeitpunkt erschlossen hat.
Jeff Beck bleibt denn auch nah an der Originalversion dran, er kitzelt diesen Geist des Songs heraus und befrachtet ihn erst gar nicht mit allzuviel Eigenem, obwohl ihn und seine Spielweise jeder an der Meisterschaft der Gitarre heraushören kann. Er war vielleicht immer schon dicht dran an Hank Marvin, jenem sagenhaften Gitarristen der Shadows, die damals, zu Beginn der sechziger Jahre, zusammen mit Cliff Richard als Frontfigur und frühem Megastar nach oben kamen. „Apache“ freilich war einer ihrer Instrumentaltitel und stellt ganz klar die Gitarre in den Vordergrund.
Elektrische Gitarre war ja damals noch ein Abenteuer und im Gegensatz zu heute ein völlig uncodiertes Instrument: es gab wenige Möglichkeiten eines „guten“ und „schlechten“ Sounds, die
Hörgewohnheiten waren noch nicht programmiert, auf Genres, auf Konventionen und auf kleine, per Klick aufrufbare Programme, die abgespeicherten Wohlklang bescheren. Aber Hank Marvin hatte diesen
Stil, hatte die Vision, mit dem von einem gewissen Lerry Jordan geschriebenen Song so etwas zu veranstalten, diesen Sound zu entwerfen. Er fing damit Zeitgeist ein, er fügte seinen phantastischen
Gitarrenlinien einen Hauch von sechziger-Jahre-Ponderosa, von Hoss und Ben Cartwright und all dieser legendären Western-Romantik hinzu, er ließ seine Stratocaster an dicken Straßenkreuzern mit
Heckflossen vorbei fliegen, die für ihn, den Engländer, in der grauen Wirklichkeit ja meist fürchterliche Vauxhalls waren. Er veranstaltete eine kleine Revolution in den Gehörgängen. Und: Er war
der ideale Begleiter für Cliff Richard, dem er mit den Shadows eine persönliche Note, etwas Prägendes und Eigenes gab. Wunderbar, wie das Jeff Beck mit einer Verneigung vor dem großen Gitarristen
Les Paul in wenig mehr als drei Minuten erzählt. Wie humorvoll er da mit den großen, prägenden Einflüssen seiner Jugend spielt! Da ist „Peter Gunn“ auch, von Duane Eddy und Art of Noise vor
nunmehr auch schon 25 Jahren noch einmal neu mit Samples und aller tricky eingesetzten Künstlichkeit aufbereitet. Titelmelodie einer Fernsehserie der Sechziger. Dekonstruktion? Was für ein
Quatsch, solche verkopften Definitionen! Es sind vielmehr Raffinement und Humor, die solche Wiederaufnahmen prägten. Rockybillystil, Skiffle, Jeff Beck lässt das zusammen mit Leuten wie Brian
Setzer, Imelda May oder Gary U.S. Bonds noch einmal auferstehen. Aber er macht kein Muster daraus, keine Masche. Er spielt vielmehr mit dem Zeitgeist. Er kitzelt unsere Phantasie und führt sie
nicht vor, wie etwas die meisten Filme, die aus heutiger Sicht diese Zeit und ihren Geist aufzunehmen versuchen.
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