Dass Text und Musik in einem ganz besonderen Verhältnis stehen können, das eins das andere verstärken kann, das beweisen Songtexte. Die Autoren von Lesebüchern scheinen ja zu meinen, dass die von ihnen ausgewählten Texte auch alleine stehen können. Ich habe in Interviews oft und sehr entschieden mitgeteilt bekommen, dass ein Songtext etwas grundsätzlich anderes als ein Gedicht sei und dass ein solches Konstrukt seine Wirkung nur in einem Zusammenspiel entfalten könne. Gleichwohl sind zu Autoren wie Bob Dylan, Leonard Cohen, James Taylor oder auch Jarvis Crocker immer wieder Anthologien erschienen, Kopplungen von Songtexten, über die nachzudenken lohnen könnte. Jarvis Crocker schreibt in seinem Buch „Mother, Brother, Lover“: "Seitdem ich meinen Plattenveröffentlichungen Textblätter beifüge, steht darüber immer die Anweisung: „Nicht lesen, während ihr die Musik hört!. Die Texte existieren eben nur als Teil von etwas anderem, dem Song, und wenn man sie auf eine gesondertes Blatt Papier druckt, werden sie aus ihrer natürlichen Umgebung gerissen. Manchmal arbeiten die Lyrics mit der Musik, ein anderes Mal arbeiten sie dagegen. Ein gedruckter Songtext ist aber wie Fernsehen ohne Ton: Man kriegt nur die Hälfte der Geschichte mit“. Das ist es auch so ungefähr, was ich auch in vielen Interviews mit Kollegen von Crocker in wechselnden Worten immer wieder gehört habe. Und ein wenig später schreibt Jarvis Crocker: „Bei der Lektüre eines Textes wird man normalerweise vom natürlichen Tempo der Sprache geführt, in einem Song dagegen ordnet sich der Text ganz automatisch dem Rhythmus der Musik unter“. Auch heißt es in seinem Buch: „Ich hatte schon immer eine Aversion dagegen, wenn Lyrics vom Schriftbild her so gesetzt waren, als handele es sich um Poesie. Lyrics sind keine Poesie: Lyrics sind Worte zu einem Song“. Eine viel geäußerte Ansicht dazu, ein nachvollziehbarer Blick auf ein Phänomen.
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