David Bowie? Das Fernsehen zeigt die Headlinde „Weltweite Trauer“ und dazu die in Brixton von „Fans“ niedergelegten Blumen. Dabei hatte er doch erst vor wenigen Tagen sein neues Album herausgegeben. Alle hatten um ihn herum hatten dicht gehalten. Eine Mauer des Schweigens um seine "Privatsphäre" errichtet. Doch ich denke mir anderes. Er hat unser Bewusstsein über eine lange Zeit hinweg möbliert. Er und seine musikalischen Entwürfe waren eine uns umgebende Selbstverständlichkeit. Seine Macken und Marotten inspirierten uns. Manchmal. Ein Außerirdischer - scheinbar. Ein seltsames Wesen. Filme halfen diesem „Effekt“ noch ein bisschen nach, verstärkten ihn. Doch er hatte nur damit gespielt, mit den Rollen, mit den Persönlichkeiten und all den Gesichtern. Als Vorspiel für etwas Gesellschaftliches, dem er aber voraus war. Es sollte sich dies in der Folge zu einer Art gesellschaftlichen Zwang entwickeln, dessen sich aber kaum jemand bewusst war. Wechselnde Gesichter. Rollenspiele. Deren gezielte Manipulationen von Seiten der Wirtschaft. Rebellion als festgefügte und wohlfeile Geste. Flexibilität auf allen Gebieten. Der Unterschied: Er hat sich diese Rollen für sich selbst erdacht und erfühlt. Die Wirtschaft stanzt sie vor. Sie dient sie allen „Wettbewerbern“ von der Stange an. Sie machte eine Funktion daraus. Sie gibt sie massenhaft aus.
Jenseits der 2000er driftete Bowie ab ins Unterhaltungsbusiness, ließ Rolls-Royce fahren und gab auch Aktienoptionen auf sich selbst heraus: eigentlich ein dazu passender und konsequenter Schritt, der eine Entwicklung der Rock- und Popmusik markiert. Jetzt und heute gibt es kurze „Sondersendungen“ im TV, sie ergießen sich allüberall in Sentimentalitäten, zeigen auf, welch unersetzliche und kreativ geniale Person er doch gewesen sei, - was freilich in ein paar Tagen vergessen ist, denn es erscheint „normal“, dass einer mit 69 sterben muss, dass einer an Krebs sterben muss. Selbst ein steinreicher Typ wie Bowie konnte sich nicht davon loskaufen. Noch ist das ungewöhnlich. In Zukunft wird das besser möglich sein. Schlaue und gerissene Gesichter tun Meinungen dazu kund, geben Einschätzungen, ordnen in die Popgeschichte ein. Sportwagenfahrer und Golfspieler unter sich, zwinkern sich Einverständnis zu. Wir aber haben einen Teil von uns verloren. Er ist abgestorben. Er ist gegangen.
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