Wieso sich vieles aus der Popmusikindustrie heutzutage so anonym und künstlich anhört? Die wahre Antwort ist, dass sich meist riesige Stäbe von Spezialisten um Stücke mühen, die dann um eine Reihe von wohlberechneten Höhepunkten herum zu etwas zusammengesetzt werden. Einer macht am Groove herum, der andere modelliert den Sound, der übernächste ersinnt so etwas wie eine Melodie oder versucht sich an Hooks. Es muss etwas von dem hängen bleiben, das nach Konsum und Kauf schreit. So geht das. Das alles passiert in Abwesenheit des „großen“ Stars, der mit seinen Produzentenstäben (wieso sind da eigentlich immer noch so wenig Frauen darunter?) das Material sichtet, es "erwählt", der es schließlich mit seiner nach allen Regeln der Technik bearbeiteten Stimme und (oberwichtig!!!) mit seinem Image (!) veredelt. Das Ergebnis muss ja unpersönlich klingen, denn es sind ja meist mehr als ein halbes Hundert Personen daran beteiligt, die in einem industriellen Prozess der Arbeitsteilung etwas zusammenschrauben, das schließlich einer tumben Masse von Konsumenten verkauft werden soll. Ob sich auf die Weise etwas transportieren, etwas mitteilen lässt? Etwas anderes, als eine Formel, nach der ein industrielles Erzeugnis „die Märkte“ penetrieren soll? Inmitten dieser Gemengelage sind gewisse Personen längst zur Marke, zum „Branding“ geworden, das für etwas sehr Bestimmtes stehen soll. Die Alten geben da noch eine Weile ein paar Bezugspunkte her, die freilich immer mehr im Rückspiegel zu verschwinden scheinen und die sich erst in jüngster Zeit wieder in verstörender Zahl in die Ewigkeit verabschiedet haben. Die nicht mehr da sind. Die Popmusik ist etwas anderes geworden und keinen stört's so richtig. Dies wird erst wieder zu entdecken sein, wenn der letzte große Alte gestorben ist, wenn die Lust am Surrogat in verkaufstechnisch relevanter Zahl schwindet und wenn ein gewisser Überdruss an den hastig hergestellten Musikprodukten eingetreten sein wird, auch wenn sie nach einer scheinbaren Erfolgsformel konstruiert worden sind.
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