Pop, Showgeschäft, Globalisierung

Ich bin ihm immer wieder begegnet, dem Missverständnis, dass Popmusik „nur etwas für junge Leute sei“. Dies ist einem vergangenen Begriff von einer Musik der Jugendkultur entlehnt und in dieser Form natürlich längst untergegangen. Pubertät und das Verlangen nach Identität mögen hier eine Hauptrolle gespielt haben. Der heutige Pop ist vielmehr Ausdruck der Globalisierung und des Jugendwahns, oder kompakt: des globalisierten Jugendwahns. Jeder kann, jeder darf, wenn er nur jung rüberkommt. Jung sein, bedeutet „aktiv“ sein. Entscheidend für alle Bemühung freilich ist der „Erfolg“. Es werden Castingshows abgehalten, über das Fernsehen natürlich, im Extremfall mit der Voraussetzung des Nichtskönnens, das aber extrem ausbaufähig sein muss, u.a. durch Dressur, Konditionierung, Training, Work, „Expertenrat“. Es gilt, sich Fertigkeit anzueignen, anonymes „Können“. Was winkt, ist die prinzipielle Ortlosigkeit, die höchste „Flexibilisierung“ und die globale „Durchdringung“ („Penetration“) der Märkte. Was früher Volksmusik war, ist heute industrialisiert: als volkstümliche Musik und Pop (populäre Musik als Gebrauchsartikel). Wer sich auf der Anlaufspur zur großen Karriere wähnt, soll ständig Fotos und Videos posten und die eigene Person in der Manier großer Künstler der Vergangenheit beweihräuchern. Generelles Marketing kann bedeuten: Ein Image, eine Aura, eine Marke aufbauen.

 

Es gibt sie aber jetzt massenweise diese Popstars. Insofern gilt die Notwendigkeit zur Distinktion (Unterscheidung), jetzt aber in einem ganz anderen Sinne als früher. Der gesellschaftliche Aufstiegskanal ist längst nicht mehr nur die Popmusik, sondern das Showgeschäft (das Zeigegeschäft“) ganz allgemein. Erfolgreich werden heute ganz andere „Figuren“, die vor allem für Konsum und Globalisierung (Verkäuflichkeit in allen „Regionen“ dieser Erde) stehen. Parameter wie "Leistung", gegen die mal eine ganze Generation leidenschaftlich war, haben ausgedient. Im Rahmen dieser Globalisierung, gilt es auch, den Alltag und seine Durchdringung mit Marken zu zelebrieren, ihn mit Glamour zu „umhüllen“, Verhältnisse zu verklären, kurzfristige Stories zu generieren und überhaupt: Kurzfristigkeit als Prinzip zu feiern. Ganz deutlich wird das an den globalisierten Erzeugnissen einer solchen Popmusik: kurzfristig eingängig muss es sein, zum Konsum einladen, in den Charts erfolgreich sein (wobei auch die Charts langsam aber sicher ausgedient haben, es gelten inzwischen vielmehr die Klicks...). Auch der längst zum Showgeschäft gehörende Fußball mit seinen Markenfetischs, den riesigen gehandelten und vorgezeigten Summen mag hier ein Beleg sein. Seine „Stars“ wechseln in schöner Beliebigkeit Vereine und Arbeitgeber nach Art eines Topmanagers, sie gehen unter dem Einfluss von seltsamen "Beratern"  just dorthin, wie für sie am meisten Geld fließt und glorifizieren sich durch die Medienindustrie als Unternehmen ihrer selbst. Sentimentale Bedeutungen ( wie „Werte“) haben sich längst auf die Bedeutung des Geldes verengt. Diese Bedeutung gilt generell. Wer sich seiner Diktatur mit einem möglichst entspannten Dauerlächeln fügt, wer "den Markt" als Legitimation für nahezu alles zu nennen bereit ist, gilt als „Profi“. Junge Leute haben so etwas internalisiert (verinnerlicht), sie scheinen nur eine solche Welt zu kennen, sie sind hineingeboren, für sie ist es weithin Selbstverständlichkeit. Für sie scheint in ihrer Mehrzahl nahezu alles Geschmackssache. Bewusste Unterscheidung ist nicht gewünscht und gilt als „verspannt“ oder „verkopft“. Dies gilt so lange, bis eine Führer- oder Gurufigur ihnen Anderes und scheinbar Überlegenes in den Kopf bringt. Diese Führer- und Gurufiguren sind oft „Prominente“, die sich aus irgendeinem Grunde zu einem Leben des immerwährenden Überflusses und der zur Schau getragenen Arroganz empor gehangelt haben. 

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