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Der Überschreiter

Habe unlängst etwas gelesen über Elvis Costello, etwas Belustigtes dergestalt, dass man seine zuletzt arg bemühten „Werke“ ja nur noch mit Kravatte habe genießen können. Ja klar, er hat etwas mit der Sängerin klassischer Musik, Anne-Sofie Otter gemacht, er hat Ballettmusik veröffentlicht und sich unter anderem an intimen Balladen und Countrymusik in amerikanischer Machart versucht. Was ich aber immer an ihm geschätzt habe und womit er mich gewonnen hat, war, dass er dabei gut hörbar alles gegeben hat, dass er versucht hat, etwas Überraschendes aus sich heraus zu holen und seinen eroberten Pophorizont zu überschreiten, als einer, der versucht hat, über sich selbst hinaus zu gehen und das als „heißes Bemühen“ hörbar werden zu lassen. Ja, er hat sich der bürgerlichen E-Musik-Kultur angedient, aber man hatte oft den Eindruck, dass er sich dabei nur der Möglichkeiten bediente, die sich ihm dadurch eröffneten, dass er sich auf anderen musikalischen Feldern versucht hatte. Den ursprünglichen Punk, der etwas von sich selbst nach außen schleudern wollte, schien er dabei stets mit und in sich getragen zu haben.... So schien es jedenfalls mir...

Dass er sich jetzt mit dem Album „The Boy named 2“ an die ungehobelten Krächzer, Nöler und Schluchzer seiner punkbeeinflussten Anfangszeit erinnert, nahm der feine Herr Medien-Autor mit Erstaunen zur Kenntnis, wobei es mir erscheint, als könne Elvis Costello dies nur vor dem Hintergrund seiner breiten Experimente, in die er jeweils seinen subjektiven Ausdruck einzubringen versucht hat. Jetzt, im vorgerückten Alter, scheint er diesen unsentimentalen Blick zurück riskieren zu können, jetzt scheint (!!) er unbefangen spielen zu können, jetzt scheint er noch (oder wieder?) das Feuer zu spüren, das ihn einst getrieben haben mag. Soll ich erwähnen, dass ich solches Suchen im Experiment, im Ungestümen, von der heutigen „Szene“ vermisse? Allenfalls scheint noch das professionelle Vorführen des „Gekonnten“ angesagt, das eitle Posieren und Vorführen der scheinbar (weil von einem breiten Kollektiv in anonymer Könnerschaft realisierten) Möglichkeiten sich zu erschöpfen.