Mir ist eine bestimmte Cd zugegangen, aus gutem Grunde. Die Pianistin Olivia Trummer war mir früher schon einmal aufgefallen als tüchtige Jazz-Pianistin, die aus einem Pianisten-Haushalt stammt und das Piano quasi mit der Muttermilch in sich aufgesogen hat. Klar, dass die Musikakademie ein Ziel für sie darstellen musste. Sich ausbilden lassen und lernen. Sich absetzen, sich unterscheiden, Distinktion. New York, New York! Geschmack! Den Jazz aufgreifen, als eine Spielform der zur Elite gewordenen Hörerschaft. Bloß kein Mainstream! Achtsamkeit. Erbaulichkeit. Zärtlichkeit. Sanftheit. Klar, auch die Klassik, die Klassik auch. Fähige Pianistin. Kann alles. Toll.
Jetzt scheint sie vor allem in Berlin zu leben (Wo denn sonst?) und hat von dort aus ihr Album „For You“ herausgebracht. Sie sei bei ihrer Entwicklung unter anderem unter dem Einfluss von Steely Dan gestanden, so verlautet jetzt. Nun ja, Donald Fagen von Steely Dan hat die meisten seiner Songs mit einer charmanten Nichtstimme absolviert, ist anfangs gar angeeckt damit, hat einen „besseren“ Sänger engagiert und scheint dann doch recht schnell herausgefunden zu haben, dass es genau um jenen sehr individuellen und in diesem Fall manchmal sogar gequält wirkenden Ausdruck geht, der einem Hörer etwas sagen kann.
Bei „For You“, das im Trio, mit dem Lebenspartner zusammen, sowie mit Gästen unter anderem auch in Mailand aufgenommen wurde, flötet einem gleich am Anfang eine gefällige, im zugehörigen Script als „kristallgolden“ beschriebene Stimme entgegen, vor dem Hintergrund eines sehr gediegen jazzig aufspielenden Trios, sachte in die Ohren „For You“. „Der Titel sagt“, so der Begleittext weiter, „Mache dir die Poesie dieser nonchalanten Verbindung von Musik und gesungenem Wort zu eigen, finde deine eigene Geschichte in ihr, denn die Songs sind auch „Für Dich“ da! Selbstgnade ist ein Begriff, der wie eine Art Schlüsselcode zum Öffnen der Räume dient, die sie mit ihrem Trio und ausgewählten Solisten einladend ausleuchtet. Es sind Räume der Seele, Räume voller Geheimnisse und delikater Widersprüche. Hier finden Licht und Schatten menschlicher Existenz zu einer klischeefrei formulierten Sinfonie der Leidenschaften zusammen“. Nun ja, ob auf diese Weise irgendeine CD, ein Album der Formation Steely Dan beschrieben werden könnte? Mir kommt es so vor, als seien die Songs von Steely Dan im Gegensatz zum vorliegenden Album auf einem Amboss der perfektionistischen Individualität gehärtet, als hätten sie zunehmend Gefälligkeiten aller Art hinter sich gelassen, als hätten sie vielmehr cool damit gespielt, um auf eine an den gängigen Musikformen lässig abprallend und allerlei Formen für eigene Zwecke gebrauchend ihren individuellen Weg zu suchen.