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Leuchtpunkte

Da waren lauter farbig attraktive Punkte und grafisch anziehend gestaltete Vierecke, in denen auch noch etwas Geheimnisvolles schlummerte. Wir drückten uns die Nasen an Schaufenstern platt. Das war wie Weihnachten, war im strahlenden Geheimnis, offenbarte etwas, was uns als Versprechung lockte. Musik war in weitgehend festgelegten Albumlängen, in fixen Portionierungen gepackt, die man haptisch sogar be-greifen konnte. Das Äußere, das Grafische Illustrierte, das Innere. Es gab einen Zusammenhang, - zumindest in unseren Köpfen. Eines war klar: So und so viel passt drauf... basta! Jedes dieser so anziehenden Dinge umfasste eine zeitliche Einheit, sagte etwas über seinen Urheber aus, war zu erschließen, stellte einem Aufgaben. UrheberInnen gab es, sie waren in ihrer femininen Form aber selten. Meist dominierten Gruppen oder Bands, mit männlichen Langhaarfrisuren. Kollektives Schaffen hatte noch einen Raum. Heute gibt es meist die überzogenen Egos, das Dahinter spielt sich in anonymen Kollektiven ab, die bestenfalls eine Erwähnung auf verkauften „Alben“ wert sind. Trotz allem Nostalgiegeraune sind auch keine „Alben“ als künstlerisch und kommerziell bestimmte Zyklen mehr entscheidend, sondern einzelne Titel, Tracks, die möglichst schnell zur Sache, zum Refrain kommen sollen. Aufmerksamkeit ist ein knappes Gut, die Konkurrenz bespielt den gesamten Freizeitmarkt. Aus einer Rockmusik, die auch aus künstlerischen Antrieben heraus etwas riskierte, ist eine genau auf eine Zielgruppe hin konstruierte Popmusik geworden, ein Produkt der Unterhaltungsindustrie, dessen Verbreitungsweg kein auf Albumlänge gestrecktes Füllmaterial mehr kennt, sondern eine Datenansammlung ist, die beim Hören bei jedem Anlauf funktionieren soll: 30 Sekunden, - oder weniger. Playlist rules. Es steht nicht länger die Beschäftigung mit etwas Künstlerischem im Vordergrund, auch nicht ein festgelegter Veröffentlichungszyklus der auf den Punkt gebrachten künstlerischen Bemühungen, sondern ein Produkt, das vielmehr großen Konzernen als einzelnen künstlerischen Marken etwas einbringen soll. Es wird verdient. Nur das zählt. Es gab und gibt noch ein paar Indielabels, die anfangs als Symbole der Unabhängigkeit gefeiert wurden. Doch mit der Zeit wurden sie weniger, wurden aufgekauft und eingegliedert, gingen ein in ein großes Unterhaltungsgeschäft. Vielen von ihnen hatten wir ohnehin nicht so recht getraut. Nun waren manche von ihnen im Korruptionssumpf untergegangen. Alles war nur noch eine Frage des Geldes. Heutzutage gibt es ein paar Großkünstler, die ihren Nimbus aus alten Zeiten noch herübergerettet haben und mehr ihre Marke als ihre künstlerischen Bemühungen feil bieten. Nostalgia rules: früher war alles besser! Deshalb wollen wir noch einmal jung sein!