Ich lese ein Interview mit einem alteingesessenen Rockmusiker, der beklagt, vor einiger Zeit „unehrliche Musik“ eingespielt zu haben. Man wollte eigentlich das Image der Band korrigieren und traf voll daneben. Man wollte etwas Neues, was freilich im Bereich der ehemaligen Rockmusik eine Todsünde ist. „Ehrlichkeit“ scheint für die guten alten Mechanismen zu stehen. Denn das Zeichen zeigt allzu oft auf sich selbst zurück: Fans wollen möglichst immer dasselbe, etwas, worauf es gerade in der Wiederholung des scheinbar Beliebten abfährt, das, wofür es einen „act“ liebt, keine künstlerischen Offenbarungen oder Experimente, Grenzüberschreitungen, Selbstverwirklichungen, Neuerfindungen. Dabei scheint es auch immer konsequenter in Mode zu kommen, sein Ego aus Altergründen durch junge Musiker ersetzen zu lassen. Darstellung einer bestimmten, im Showbusiness sagenumwobenen Figur scheint dabei das Wichtige zu sein, aus dem Geld zu quetschen ist. Die oft beschworene „Würde“ oder „Haltung“ scheint dabei keine Rolle zu spielen. Hologramme und allerlei digitaler Mummenschanz soll sodann die quasi-religiöse Aufführung des Mythos bringen. Es scheint insofern nicht mehr um einzelne Künstler oder um Kreativität in weitem Maßstab zu gehen, sondern um die (seelenbewegende und finanziell großartige) Reproduktion eines Mythos, um seine Aufführung und Verehrung. Meist geht es dabei um Bands vergangener Tage, aber auch betagte Einzelkünstler werden als Monumente des Showbusiness auf dieser Basis inszeniert.