Wie soll ich da ran gehen? Das beschäftigt mich manchmal schon in der Aufwachphase. Fest steht, bestimmte Sachen will ich in der allerbesten mir möglichen Qualität hören, also auf der großen Anlage (von der ich hoffe, dass sie noch lange existiert). Möglicherweise lasse ich mich auf Verdacht mit einem Titel ankicken, gerate in eine Stimmung, gehe darin unter und weiter. Werde neugierig. Lasse mich hinein ziehen. Unterschwellig fühle ich mich verpflichtet, mehr von dieser Scheibe zu hören, was zweifellos von früher kommt, als man ganze Alben hörte. Außerdem hatte ich diese ganzen Sachen einmal gut gefunden, was wohl auch seine Gründe hatte. Ich stelle dann oft fest, dass sich mein Geschmack verändert hat: weiterentwickelt? Wie früher, höre ich auch jetzt oft situationsorientiert: bei der Küchenarbeit oder dem Bügeln höre ich anders, als wenn ich mich explizit hinsetze, um mir einen Künstler und seine Entwicklung zu erschließen. Oft flutet auch Sound die ganze Wohnung, füllt sie aus, dringt in mich ein, stößt in mir auf Reaktionen. Ich höre oft etwas, was an meinem Gemütszustand orientiert ist: manchmal suche ich Ermunterung, kunstvolle Konstruktion, Humor, ungewöhnliche Soundentwicklungen und manchmal schöne Melancholie. Manchmal auch das gelungene „Gesamtpaket“. Dann neige ich dazu, stets dieselben Register zu ziehen, also dieselben CDs raus zu kramen. Manchmal gehe ich auch von einem von mir gefundenen Künstler aus und suche von ihm aus weiter. Wer hat mit wem zusammen gespielt? Von wem habe ich schon Interessantes gehört? Wer hat den Horizont, der mir rein läuft? Der mich anspricht. Wahr ist auch: Manche „Künstler“ zelebrieren gerne ihr aufgeblähtes Ego. Ich selbst gehe in der Popmusik nicht von „Großkünstlern“ aus. Diese „Künstler“ produzierten oft nach kommerziellen oder technischen Gesichtspunkten, kaum nach ideellen oder künstlerischen, wie wir früher leider zu oft vermuteten.