Dass die Sängerin Jennifer Charles eine laszive Stimme habe, fällt wohl jedem ein. Stimmt auch. Unwillkürlich zieht sie jeden hinein, diese Stimme, in Richtung auf ein Geheimnis, von dem aus der Strom des Unbewussten über die Felder Elysiums auf uns zuläuft. Haucht sie da eine Ahnung von der Insel der Seligen? Ob die Botschaft in diesem unglaublichen Timbre liegt? Vielleicht kann ja dunkle Erotik und Bedeutung im Gesang zusammenfallen. Paradies und seine Auslöschung, Großstadt und Fantasie. Die Stimme gehört zur New Yorker Band Elysian Fields, deren Kern sie zusammen mit dem Gitarristen und Songschreiber Oren Bloedow sowie einem Kreis von weiteren Musikern über nun fünf Alben hinweg gebildet hat. Eine meiner CDs heißt „The Afterlife“ und ist wieder so etwas ein Wunderwerk. Musikalisch in keine Schublade passend, gleiten ihre dunkel gefärbten Songs mit Gitarren und Piano oft über scheinbar klare und sehr einfallsreiche Liedstrukturen hinweg in gebrochene Akkorde, um sich dort mit genau arrangierten Streichern, Bläsertupfern und seltsamen Einsprengseln aller Art zu verbünden. Ein Album wie ein Traum. New York Avantgarde. Umgekehrter Jazz. Zurückhaltend und sehr dosiert. Sophisticated würden Amerikaner so etwas nennen. Da ist viel umgebogene Traurigkeit und ein düsterer Abgrund. Nacht und Dämmerung. Fabelhaft.
Elysian Fields: The Afterlife. Reverb Records.