Schon lange plagt mich der Verdacht, dass gewisse Texte, Verse in der Rockmusik auf digitalem Wege geschrieben seien, dass sie zielgruppengerecht abgefasst und hauptsächlich von Algorithmen „generiert“ in die Gesänge von maschinell agierenden und vorgegebene Posen einehmende Popfiguren geschleust ihre kalkulierte Wirkung entfalteten. Selbstverständlich mag auch die unterlegte Musik nach solchen Prinzipien per Software erzeugt worden sein. Das anarchisch Menschliche, aber auch das spielerisch Kreative, ja, auch das Rebellische wären auf diese Weise verloren für die Gesellschaft. Werte haben sich wohl auf Kosten anderer Werte gewandelt. Dass diese Gesellschaft freilich von „digitalen Dichtern und Denkern“ (also von Ingenieuren, Programmierern bzw. Umsetzern aller Art u.ä.) angeführt werden solle, war jetzt ganz explizit im deutschen Wahlkampf zu erfahren. Selbstverständlich sollten die so erzeugten „Produkte“ der „Klimaneutralität“ und ähnlichen schwammigen Zielphrasen dienen. Hohle Sprechblasen des Polittalk abzusondern, darin werden die Entscheider-Gesichter sowieso nicht müde.
Ob die derzeitigen „Produkte“ der Popindustrie dem genügen? Noch funkt ein anarchischer Geist oft störend dazwischen, wenn solche Klischees und Phrasen als Zielprojektionen unter die Leute gebracht werden sollen. Das Konzept ist noch nicht ganz konsistent. Doch das Ziel ist klar erkennbar: Gab es früher ein Ideal der Empathie, des Strebens nach Kunst, Tugend und Gelehrsamkeit, das zu einer Emanzipation des Menschen führen sollte, so ist jetzt das Ideal des digitalen Denkers gefragt: jemand, der die ihm vorgegebenen Ziele möglichst willfährig umsetzt, ohne dabei nach Fernzielen oder gar Visionen samt Utopien zu fragen. Möglichst zweckdienlich im Sinne der technischen Umsetzbarkeit und politisch brauchbar soll sein Produkt sein. Dass ein solches Bewusstsein auch zu in betrügerischer Absicht eingesetzter Software führen kann, die „klimafreundliche“ Abgasemission vortäuscht, wurde ja offensichtlich. Dass auf dem Wege der künstlichen Intelligenz auch Popmusikprodukte erzeugt werden können, die den Konsumenten gekonnt täuschen, ist mir schon lange geläufig und alltäglich hörbar.