Es überkommen mich Erinnerungen, gerade jetzt, in schwieriger Situation: daran, wie tierisch ich als Musikkritiker Angst hatte, dass mir (am andern Morgen) nichts Essentielles einfallen würde, denn ich wollte nicht in den Plauderton der andern verfallen, wollte nicht allzu locker die Klischees abliefern, die gerade im Umlauf waren, ja, ich kannte und hasste sie, die flotten Formulierungen. Ich quälte mich und lächelte dazu. Die andern waren besser, - immer. Die waren schneller. Ich war zu bedächtig. Aber all das kannte ich schon – von mir selbst. All der Jazz und der Blues, den man durch sich hindurch gelassen, der einen das Abwarten, das Sich-Einlassen und Verarbeiten gelehrt hatte, den man in sich aufgenommen hatte, - konnte das jetzt einfließen in meine Worte? Es war wie so oft in meinem Leben: ich meinte es zu ernst, war verbissen in meine Aufgabe - ohne dass man das merkte. Ich gab alles, was freilich total daneben war und verpuffte. Das Ergebnis war zumeist ungenügend. Ich versuchte oft, aus mir selbst das Geforderte hervor zu schaufeln, es mir abzuzwingen, es auch unter Schmerzen abzuschaben. Ich sollte ja zu allem eine Meinung haben, die ich aufschreiben wollte und sollte.
Ich erinnere mich, wie ich in einem Konzert von Randy Newman war und mein eigenes Bild von ihm in mir hervorholte, um von ihm aus meine einigermaßen dramatisch journalistisch beschriebenen Loblieder zu singen. Ja, ich war da gewesen. Ich mochte seine Ironie. Bei meinen Bemühungen kam natürlich nicht das heraus, was man sich so vorstellte, was genügend bündig und journalistisch war. Am Ende meines Schreibens und meiner persönlichen "Karriere" hatte ich jedoch auch die Routine und das beiläufige Können, den Plauderton zu zelebrieren, dem ich freilich oft jene sehr eigene Überlegungen und Brechungen mitgab, die sich deutlich absetzen wollten von dem, was gerade hip war. Übrigens: Alles schien möglich zu sein, aber „Ich“ durfte man niemals sagen. Man schwurbelte herum, griff zu einem „Wir“ und transportierte damit auf dunklen Wegen etwas Individuelles mit dem Pluralis Majestatis. Man stellte sich als repräsentativ dar, als eine Art Messinstrument. Man war ja im Auftrag des Lesers da, nicht in dem der Zeitung, - oder?