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Popdekadenz

Es gibt nichts und niemanden mehr zu beweihräuchern in der Popindustrie. Schade. Über die Stones und ihre angeblich so exzentrischen Eskapaden wollen wir nun wirklich nichts mehr lesen. Diese dekadenten Säcke nötigen mir keine Kommentare mehr ab, ihre Musik schon noch. Neil Young ist auch mit vielfach in „Harvest“-Weinerlichkeit gefaltetem Gesicht noch aktiv. Grobschlächtig, gewiss. Holzen und Dreschen. Er sei der „Godfather“ des Punk, - basta! So geht die Kunde. Das gibt es jetzt keineswegs mehr am Fließband der Aktualitäten. Gevatter ahoi! Dylan ist jetzt sogar durch den Nobelpreis geadelt. Der Vorzeigepoet schlechthin, für viele. Macht aus der Preisverleihung eine Show, er lässt erscheinen. Typisch, - so meinen die Fans. Ziemlich eitel, so finden die Kritiker. Dabei ist er vielleicht ein Schelm, dieser Sinnproduzent des Verqueren. Rootstock forever! Auch Sting ist mit seinen zahlreichen Schlössern und gesammelten Sportwagen weit weg vom ehemals engagierten Image als Regenwaldschützer. Ach ja, „Fields of Gold“. Früher war alles besser und überhaupt: Hendrix der Übervirtuose. Ob sich die Erinnerungen noch einmal neu verkaufen lassen? Mark Daddler dödelt auf seiner vergoldeten Gitarre das Neue, das in Wiederholungen des Erfolgreichen besteht. Zur Marke geworden. Füllig und feist. Das letzte Bier ist getrunken. Das alte, Ungehobelte zieht noch. Schlimme Finger. Zu den Wurzeln zurück. Black Sabbath und Alice Cooper. Mitklatschen. Es krachen lassen. Ja klar, was denn sonst?

Der Jubel und die Anbetungsprosa sind verebbt, die Helden lassen sich in gesetzten Worten im Edelzwirn über die Unflätigkeiten der Wirklichkeit aus, um sich gleich anschließend zum unterwürfigen Luxusinterview in die Luxusherberge chauffieren zu lassen. Gutes Design ist wichtig, Style und Spass auch. Die Schleimer des Hofstaats sind mehr geworden, eindeutig. Dass die Tonträgerindustrie in einer Absatzkrise steckt, erfahren wir seit Jahrzehnten: es hängt uns zum Halse heraus. Noch einmal anknüpfen an die großen Erfolge? Phono und Porno? Irgendwas gemein? Langeweile. Abgestandenheit. Konsum-Verfurztheit. Es gibt keine neuen Helden, die alten sterben aus. Sie hatten Glück: waren zur rechten Zeit am rechten Ort. Wurden irgendwie zu neuer Kunst. Und „Sounds“ berichtete darüber. Jack White ist ausgeleiert. Der Indie-Gitarrist. Seine Lieder werden jetzt im Stadion gesungen. Was heißt da jetzt? Seit langem! Die einstmals jungen Helden sind jetzt Helden der Nische. Willfährige Journalisten bereiten ihnen ihre subtilen Interpretationen zu. Blöd nur, dass das außer ihnen selbst niemand interessiert.